Von P. Dr. Eberhard Moßmaier OFMCap.
Die altehrwürdige Wallfahrtsstätte Mariahilf, reizend oberhalb der jahrhundertealten Bischofsstadt Passau am Zusammenfluß von Donau, Inn und Ilz gelegen, grüßt schon von weitem die Wallfahrer und lädt zu vertrauensvoller Zuflucht zur Hilfe der Christen ein. Angetan von der Schönheit der Lage schreibt der bekannte Dichter der Freiheitskriege Ernst Moritz Arndt: "Jenseits des Inns am Berg haben die Kapuziner zu Mariahilf eine so romantische und liebliche Lage und Übersicht, daß einen die Sehnsucht anwandeln könnte, bei ihnen sich einzumieten."
Mit dem Gnadenbild Mariahilf hat es nun folgende Bewandtnis: Im Jahre 1611 machte der Bischof von Passau, Erzherzog Leopold von Österreich, einen Besuch am evangelischen Hof in Dresden. Kurfürst Johann Georg von Sachsen führt selber seinen lieben Gast durch die berühmte Gemäldegalerie. Dabei bot er in fürstlicher Freigebigkeit dem bischöfliche Gast an, sich ein Bild zum Andenken aussuchen zu wollen. Der Blick des Bischofs fiel auf ein kleines, auf Holz gemaltes Muttergottesbild. Der bekannte Maler Lukas Cranach der Ältere (1474-1553) hatte es 1514 in Wittenberg im Beisein Luthers - also zu einer Zeit, als noch beide katholisch waren - gemalt. Das Bild kam dann in die Heilig-Kreuz-Kirche nach Dresden. Als Sachsen später evangelisch wurde, wurde es aus der Kirche entfernt und kam in die Gemäldesammlung. Als Erzherzog Leopold später von Passau nach Innsbruck als Landesfürst von Tirol übersiedelte, nahm er dieses Bild mit. Es ziert noch heute den Hochaltar der St.-Jakobi-Kirche und wird seitdem hoch verehrt. Eine weit größere Verehrung erfuhr jedoch die Kopie dieses Bildes in Passau. Domdekan Marquard von Schwendi hatte es anfertigen lassen. Als Bistumsverweser (1626-1634) hat er in den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges die Verehrung stark gefördert durch den Bau der Wallfahrtskirche, zu deren Hüter er die Kapziner bestellte. Die Not war die Urheberin und Förderin der Mariahilf-Verehrung. Es war doch die Schreckenszeit des Dreißigjährigen Krieges, welche die Bedrängten zu Maria, ihrer mächtigen Helferin, aufblicken ließ und die Bitte "Maria hilf!" nicht mehr auf ihren Lippen verstummen ließ. "Mariahlf" wurde darum das Gnadenbild und das Marienheiligtum genannt.
1633 bedrohten die Schweden Passau. Alles rief Maria um Hilfe. Mariens Hilfe schrieb man zu, daß der Vormarsch der Schweden vor Passau zum Stehen kam.
1634 suchte der schwarze Tod Land und Stadt Passau furchtbar heim. In dieser Not war Mariahilf noch der einzige Trost.
1683 belagerte der Türke die Reichshauptstadt Wien. Rein menschlich gesehen gab es keine Rettung mehr. Kaiser Leopold hatte seine Zuflucht in Passau gesucht. Ohne Unterlaß wurde in diesen bedrängten Wochen Maria als die Hilfe der Christen bestürmt. Nicht vergebens. Denn am 12. September wurde der große Sieg errungen. Beim Feldgottesdienst auf dem Kahlenberg hatte der berühmte Wundertäter, der Diener Gottes Pater Marcus d'Aviano aus dem Kapuzinerorden, ein großer Verehrer von Mariahilf, am Morgen vor der Schlacht den sicheren Sieg auf die Fürsprache Mariens vorausgesagt. Noch heute erinnern an diesen Tag die in Mariahilf ob Passau aufbewahrten "Türkenwaffen". Kaiser Leopold und seine Soldaten haben sie dankerfüllt nach dort gebracht. Vor dem Kampf hatten sie sich Mariahilf verlobt. Mit diesem Siege setzte die große Blüte der Wallfahrt Mariahilf ein. Es entstanden die vielen Marienkapellen und -kirchen Mariahilf in deutschen Landen, aber auch in Österreich, Ungarn, Böhmen, Tirol und Oberitalien.
Kapuziner waren es, in deren Sorge Mariahilf in Passau übertragen worden war. So waren gerade Kapuziner es, welche die Verehrung von Mariahilf in alle Lande trugen. Zu erwähnen wäre da der begnadete Dichter Pater Prokopius von Templin, der "Sänger von Mariahilf" (1607-1690), ferner der Sieger der Schlacht von Wien, der ehrw. Pater Markus von Aviano, weiter der große Volksschriftsteller Pater Martin von Cochem, der Dichter des bekannten Wallfahrtsliedes "Jungfrau, wir dich grüßen" - er hatte 1689 in Mariahilf zu Passau Zuflucht gefunden, als Ludwig XIV. viele Klöster in der Pfalz und in den Rheinlanden niederbrennen ließ. Und endlich der heilige Bruder Konrad, der als Bauernbursch häufig nach Mariahilf wallfahrte.
Maria, die Hilfe der Christen. Nicht neu war diese Verehrung. Sie reicht bereits ins christliche Altertum zurück. Davon kündet noch heute das Fest Maria Schnee am 5. August. 352 war zu Rom die Gottesmutter dem frommen Patrizier Johannes und dessen Ehefrau erschienen. Es werde eine Zeit kommen - so lautete die Botschaft -, da die Kirche furchtbar heimgesucht werde. Wenn diese Stunde komme, da der Bau der Kirche unterwühlt werde und dem Einsturz nahe sei, werde Maria als Retterin der Christenheit in schwerster Not erscheinen und den Untergang der Kirche abwehren. Jahrhunderte später weilte in dieser Kirche Maria Schnee, heute Maria Maggiore geheißen, die große Seherin aus dem Norden, die hl. Birgitta. Erneut offenbate sich ihr Maria als die Hilfe der Christen. "Höre, meine Tochter" - sprach Maria zur Heiligen - "höre, was ich dir über den Zustand der heiligen Kirche im Bilde eines Domes eröffne. Die Grundmauern sind gesunken, Risse klaffen, und bald bersten die Mauern. Kommen nicht bald Werkleute, um den Bau von Grund auf zu erneuern, dann wird der gewaltige Bau zusammenbrechen, so daß der ganze Erdball erbebt. Eile darum, meine Tochter, eile hin über die Erde und durch die Völker und wo du noch Gertreue findest, die bereit sind, deinem Rufe zu folgen, und die sich aufmachen, durch einen reinen Lebenswandel und durch die Tugenden, die Gott wohlgefällig sind, das zerfallene Gebäude der Kirche wiederherzustellen, so sprich ihnen Trost zu und verkünde ihnen: sie werden mich über sich finden, stehend wie der Regenbogen über den Wolken, und sage ihnen, daß ich in der Stunde der Not die himmlischen Heerscharen auf die Erde niedersenden werde, damit sie mit den Waffen des Lichtes das Scheusal des 'Dreikopfs': nämlich der Laster der Habgier, der Fleischeslust und der Überheblichkeit, erwürgen."
Geraume Zeit bevor Lukas Cranach sein Mariahilfbild malte, war diese Offenbarung der schwedischen Seherin in Deutschland bekanntgeworden und hatte ungeheures Aufsehen erregt, zugleich aber auch Trost und Mut den Getreuen gegeben zu Maria, der Hilfe der Christen.
Gebet zu Maria, der Hilfe der Christen
Allherrschender und barmherziger GOTT, Du hast zur Verteidigung des christlichen Volkes in der allerseligsten Jungfrau Maria wunderbarer Weise eine immerwährende Hilfe errichtet; gewähre gnädiglich, daß wir unter ihrem Schutz im Leben als Gottesstreiter uns bewähren und den Sieg über den bösen Feind im Tode zu erringen vermögen durch Christus unseren Herrn.
Wir bringen Dir, HERR, für den Sieg der christlichen Religion die Opfergaben der Versöhnung dar; sie mögen uns zum Heile gereichen auf die Fürsprache der Helferin und Jungfrau Maria, da erst durch sie der Sieg errungen und vollendet wird durch Christus unseren Herrn.
Das alte Passauer Gebet
O allerfürtrefflichste, glorwürdigste, allerheiligste und allzeit unbefleckte Jungfrau Maria, du Mutter unseres Herrn Jesus Christus, du Königin der Welt und Herrscherin aller Kreaturen! Du verläßt niemand, du verachtest keinen; auch niemand, der zu dir mit bußfertigem Herzen kommt, läßt du ungetröstet von dir scheiden. Verachte mich nicht wegen meiner Sünden, verstoße mich nicht wegen der Härte und Unreinigkeit meines Herzens, sondern erhöre mich armen Sünder. Meine einzige Hoffnung setze ich auf deine Gnade und Barmherzigkeit. Komm mir zu Hilfe, o allerseligste Jungfrau, in allen meinen Anfechtungen und Nöten. Verleihe mir Kraft und Stärke wider alle Versuchungen der Welt, des Fleisches und des Teufels. Erlange mir von deinem allerliebsten Sohn Nachlaß und Verzeihung aller Sünden, Besserung des Lebens, Zeit und Gelegenheit der wahren Buße, Mehrung der Tugenden und Gnaden und Erlösung von allem Übel des Leibes wie der Seele; in meinen letzten Zeiten sei mir eine getreue Helferin. Errette auch meine arme Seele wie auch die Seelen meiner lieben Eltern, Brüder, Schwestern, Freunde, Wohltäter und alle, für die ich zu beten schuldig bin, von der ewigen Finsternis und von allem Übel des Leibes und der Seele - durch die Güte und Barmherzigkeit deines Sohnes Jesus Christus, den du neun Monate unter deinem Herzen getragen und mit deinen honifließenden Brüsten ernährt hast. Amen.
Freitag, Februar 10, 2006
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