Wegen seiner Gerechtigkeit, mit der er das Herzogthum Bayern regierte, und wegen seiner Sanftmuth und Mäßigung wählten ihn die Großen des Reiches deutscher Nation zum Kaiser, und Papst Bonifazius VIII. setzte ihm im Jahre 1014 die Kaiserkrone zu Rom auf's Haupt, wohin er mit seiner Gemahlin und einer großen Schaar von Edeln gezogen war.
Hier in der Hauptstadt der Christenheit zeigte er besonders, welche Liebe zur gebenedeiten Gottesmutter in seinem Herzen glühe, und hinwiederum, wie sehr ihm die Himmelskönigin zugethan war. Er besuchte in dieser Stadt, so oft er konnte, die herrliche Gnadenkriche U.L. Frau, die Größere genannt (Maria Maggiore), und verrichtete dort vor dem Gnadenbilde seine Andacht; ja um seiner Andacht zu genügen, verweilte er ganze Nächte hindurch im Gebete. Als er einmal in dieser Kirche (wahrscheinlich in der Nacht vor dem Feste Mariä-Lichtmeß) inbrünstiger als gewöhnlich betete, sah er den Erlöser der Welt in hoher Priesterkleidung und an seinen beiden Seiten den heil. Laurentius und den heil. Vinzentius in die Kirche treten, welche das Amt des Diakons und Subdiakons verwalteten. Unmittelbar darauf folgte Maria, die Königin des Himmels, mit einem Heere von hl. Jungfrauen; nach ihnen kam der hl. Johannes der Täufer, der die Schaar der alten Patriarchen führte; der heilige Petrus und der heilige Paulus waren an der Spitze der Apostel; der heilige Stephan führte die Martyrer und der heilige Martin die Bekenner an. Alle nahmen Platz zum großen Erstaunen des heiligen Heinrich, der allein unter allen Sterblichen Zuschauer dieser Feierlichkeit war. Die Engel stimmten den Eingang der heil. Messe an: Suscepimus misericordiam tuam in medio templi tui ("wir haben empfagen deine Barmherzigkeit in der Mitte deines Tempels"). Dieser Eingang oder Introitus ist der von der Messe am Feste Mariä Reinigung. Als sie zu den Worten gekommen waren: Justitia plena est dextera tua, ("deine Rechte ist voll der Gerechtigkeit"), wandte sich zuerst der Erlöser, dann seine heilige Mutter und sofort alle Übrigen zum heiligen Heinrich hin, mit dem Finger auf ihn zeigend, um ihm dadurch die Freude zu bezeugen, die der Himmel an seiner Gerechtigkeit habe, welche Heinrich gegen alle seine Unterthanen ausübte. Nachdem das Evangelium gelesen war, reichte ein Engel das Buch dem Erlöser zum Küssen, desgleichen auch der allerseligsten Jungfrau und allen Umstehenden, und die Mutter der Milde wollte nicht, daß der Kaiser dieses Trostes beraubt werde; denn sie gebot dem Engel, das Buch ihm zu bringen und sprach: "gib in meinem Namen meinem treuen Diener Heinrich den Friedenskuß, dessen Jungfräulichkeit mir einzig gefällt." Da Heinrich von Freude und Wonne darob hingerissen, nicht auf Alles, was vorging, aufzumerken wußte, schlug ihn der Engel stark an eine Sehne des Fußes und sprach: "Das soll dir zum Zeugniß der Liebe dienen, welche Gott wegen deiner Keuschheit und wegen der Gerechtigkeit zu dir hat, die du übst." In der That zog sich die Sehne zusammen und so blieb ein Fuß des Kaisers kürzer als der andere, weßhalb man ihn in der Folge auch Kaiser Heinrich, den Hinkenden, nannte.
Hatte er zuvor schon die gebenedeite Gotesmutter ungemein lieb, so nahm jetzt seine Liebe noch mehr zu. Von Wonne erfüllt, ein Kind und ein Günstling der Himmelskönigin zu sein, kehrte er nach Deutschland zurück. Auf seiner Reise besuchte er überall in Städten und Klöstern besonders jene Kirchen zuerst, welche der Lieben Frau geweiht waren, auch legte er den Grund zu mehreren Liebfauenkirchen, die er herrlich erbauen ließ; zugleich schenkte er denselben goldene Kelche und andere kostbare Ornate. Kam er in eine Stadt, so ging er zuerst in die Liebfrauenkirche und durchwachte dortselbst die Nächte im Gebete. - Dafür lohnte ihn die allerseligste Jungfrau; denn mit ihrer Hilfe bewahrte er unversehrt mit seiner heil. Gemahlin die jungfräuliche Reinigkeit und errang die herrlichsten Siege über alle seine Feinde. Sie bewirkte auch, daß er mitten in seinen Regierungsgeschäften das Heil seiner Seele nicht vergaß. Ohne Unterlaß gedachte er, daß der Stolz und die eitle Ruhmbegierde die gefährlichsten Laster sind und nur die Demuth sicher zum Himmel führe. Daher suchte er sich, je höher er in der Welt stand, desto tiefer zu erniedrigen, weßhalb man denn auch von ihm zu sagen pflegte, es sei noch nie eine so große Demuth unter dem Purpurmantel eines Kaisers gesehen worden. Für seine besten Freunde hielt er jene, welche ihn auf seine Fehler aufmerksam machten. Wenn er solche begangen hatte, gestand er sie ohne weiters ein, und suchte den zugefügten Schaden zu ersetzen. Er hatte nicht sobald die Unschuld des heiligen Heriberts, Erzbischofs von Köln, gegen den er sich aus Mangel an gehöriger Kunde hatte einnehmen lassen, eingesehen, als er sich zu dessen Füsen warf, und nicht eher aufstand, als bis ihn derselbe versicherte, er habe ihm aufrichtig verziehen. Verläumder hatten ihm seine unschuldige Gemahlin Kunigunde verdächtig gemacht. Als dieselbe wunderbar zum Zeugniß ihrer Unschuld über glühende Pflugschaaren gegangen war, bat er sie vor allem Volke um Vergebung.
Das Gebet, vorzüglich das öffentliche, war sein Wonnegenuß. Als er sich zu Straßburg aufhielt, besuchte er auch oft das dortige herrliche Liebfrauenmünster. An diesem Münster befanden sich Kanoniker, Brüder der heiligen Maria genannt. Er konnte nicht müde werden, die Andacht dieser Diener Mariens zu bewundern, und die Würde, mit der sie den Gottesdienst feierten. Ja er faßte sogar den Entschluß, aus Liebe zur Gottesmutter seine Krone niederzulegen, und unter diesen Brüdern Mariens seine Tage zu beschließen. Er ward aber davon abgehalten durch die Vorstellungen der Großen seines Hofes, besonders aber durch den Bischof Werner, der ihm an's Herz legte, sein wahrer Beruf sei, daß er in Weisheit riegiere und auf dem Throne sich heilige. Um aber einen Beweis seiner Liebe zur Gottesmutter zu geben, machte er dem Münster die reichsten Geschenke und stiftete zur Erinnerung seiner Andacht ein Kanonikat für denjenigen, welcher in seinem Namen den Gottesdienst zu Ehren Unserer Lieben Frau verrichten würde.
Eine ganze besondere Liebe hatte er auch gegen die Armen; er und seine fromme Gemahlin statteten viele arme Mädchen zur Heirath aus, beschenkten die Spitäler und gaben unermeßliches Almosen, so daß man meinen sollte, sie haben auf Erden keine anderen Erben, als die Nothleidenden hinterlassen wollen. Nicht zu beschreiben ist, was er für Erhöhung und Ausbreitung der katholischen Kirche that, wie er überall Bisthümer gründete, Kirchen baute und sie mit herrlichen Gaben ausstattete. Immer leitete die Religion alle seine Rathschläge, die Redlichkeit seine Verträge und der Eifer für die Ehre Gottes seine Unternehmungen, bis ihn der Herr zu sich rief am 14. Juli 1024. Papst Eugen III. sprach ihn heilig und setze sein Fest auf den 15. Juli.
Georg Ott, Stadtpfarrer in Abensberg, "Marianum", 1872
Worte des heil. Alphons Liguori: Wer die Andacht zu Maria als Siegel an sich trägt, den erkennt Gott als den Seinigen und kann überzeugt sein, daß er die ewige Seligkeit erlangen werde.
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