Baron Arthur S., Sohn eines reichen deutschen Gutsbesitzers, bereiste im letzten Jahrhundert Italien, um Land und Leute kennenzulernen. An einem Fronleichnamsfeste gelangte er nach Livorno und staunte über die Pracht, mit welcher das allerheiligste Sakrament des Altares gefeiert wurde.
Die ganze Stadt war mit Flaggen und Girlanden geschmückt. Freudig jubelten die Glocken in den lichten Sonnenglanz hinein. Von allen Erkern und Fenstern grüßten Blumen und brennende Kerzen.
Der Erzbischof von Livorno schritt mit der goldenen Monstranz, unter feierlichem Baldachin, inmitten der Prozession. Ergriffen beteten Tausende von Zuschauern die hl. Hostie an. Nur der junge Baron Arthur S. blieb stolz erhobenen Hauptes stehen und blickte spöttisch auf die Katholiken hinab, die sich niederknieten, da der göttliche Heiland, in Hostiengestalt, an ihnen vorüberzog. Doch plötzlich veränderten sich die Gesichtszüge des selbstbewußten Adeligen. Der Spott wich tiefer Erregung und alsbald sank auch er in die Knie, während Tränen über sein Antlitz niederstürzten.
Was war geschehen? Was hatte Baron Arthur in die Knie gezwungen?
Er selber erzählte seinen erstaunten Freunden nach der Prozession sein wunderbares Erlebnis:
«Während ich, ungläubigen Sinnes, die weiße Hostie in der Mitte der Monstranz betrachtete, erblickte ich darin plötzlich den göttlichen Heiland, der mir einen unsäglich sanften und betrübten Blick des Vorwurfs zuwarf. Im selben Augenblicke fühlte ich eine unbeschreibliche Regung in meinem Innern. Vollkommen überzeugt von der wirklichen Gegenwart Jesu Christi in der heiligen Hostie warf ich mich auf die Knie nieder und betete sie an!»
Gottes Gnade hatte den stolzen Ungläubigen ähnlich in die Knie gezwungen, wie einst den eingebildeten Saulus auf dem Wege nach Damaskus. Baron Arthur wurde durch dieses eucharistische Wunder augenblicklich bekehrt. Er bat um die hl. Taufe und später sogar um Aufnahme in den Jesuitenorden, dem er durch sein heiligmäßiges Leben zur großen Zierde gereichte.
Seit jener gnadenreichen Fronleichnamsprozession zeichnete sich der Bekehrte stets durch eine innige Andacht zur hochheiligen Eucharistie aus. Manche Stunde des Tages und der Nacht verbrachte er vor dem Tabernakel. Oft bot er dem eucharistischen Heiland sogar sein Leben als Sühnopfer an für die Kälte, Lauheit, Beleidigungen und Sakrilegien, die Ihm im Sakramente der Liebe widerfahren. Dieses heroische Angebot nahm Gott wohlgefällig an. Der ehemalige Protestant durfte ein Märtyrer der Eucharistie werden...
Es war zur Osterzeit, als die Obern den guten Jesuitenpater Arthur S. als Aushilfe zu einem alten Geistlichen in die Sabinerberge sandten. Damals war jene Gegend, als Versteck verwegener Räuberbanden, berüchtigt.
Eines Abends spät wurde der Pfarrherr zu einem Kranken gerufen. Pater Arthur erwartete, an einem Fenster des Pfarrhauses stehend, dessen Rückkehr. Seine Augen streiften betend den Hochaltar, der durch ein offenes Kirchenfenster zu sehen war. Da schien es Pater Arthur plötzlich, es seien dunkle Gestalten im Scheine des «Ewigen Lichtes» zum Hochaltar hinaufgeschlichen. Unsäglicher Schrecken bemächtigte sich des stillen Beobachters und rasch entschlossen eilte er zum Gotteshause hinüber, um Nachschau zu halten. Durch das offene Portal gewahrte er zwei Diebe, die sich bemühten, den Tabernakel aufzubrechen, um die goldenen Gefäße zu rauben. Einen kurzen Augenblick überlegte Pater Arthur, ob er mit einer Eisenstange, die neben dem Turme lag, auf die Banditen losgehen solle. Doch dann verzichtete er großmütig darauf, im selbstlosen Gedanken, daß eine geweihte Hand, die das Brot des Lebens austeilt, sich gegen keinen Sünder erheben soll.
Unbemerkt vermochte er, im dunkeln Kirchenschiff, sich dem Altare zu nähern. Als er dicht hinter den eifrig beschäftigten Verbrechern war, gelang es ihm, dank seines hohen Wuchses, mit einem einzigen Sprung, den hostiengefüllten Speisekelch aus dem aufgebrochenen Tabernakel an sich zu reißen. Vollkommen überrascht machten sich die Räuber davon. Doch, da sie bemerkt hatten, daß der Priester ganz allein und unbewaffnet war, kehrten sie alsbald zurück. Wütend warfen sie sich auf den Wehrlosen, um ihm das Ziborium wieder zu entreißen. Erbarmungslose Schläge prasselten auf den armen Ordensmann nieder, der tief über den Altartisch gebeugt, das Allerheiligste an seine Brust drückte, um es vor den sakrilegischen Händen zu schützen. Da zog einer der Banditen die Pistole und zielte auf den blutig geschlagenen, standhaften Helden.
Von einem tödlichen Kopfschuß getroffen, sank Pater Arthur mit dem Aufschrei «Herr, eile mir zu helfen!» an den Stufen des Altares nieder.
Im selben Augenblicke kehrte der Pfarrherr mit dem Sakristan und zwei weiteren Begleitern vom Versehgang ins Gotteshaus zurück. Jetzt erst ließen die Banditen von ihrem Opfer ab und entflohen in der Finsternis.
Als die Heimgekehrten zum Altare eilten, fanden sie Pater Arthur, den sie vor einer Stunde gesund und wohl verlassen hatten, schwerverwundet in seinem Blute liegend. Seine bleichen Hände aber drückten unentwegt den Speisekelch mit den unversehrten heiligen Hostien ans sterbende Herz. Glückliches Lächeln ruhte auf seinen Zügen, als er mit letzter Kraft den geretteten eucharistischen Schatz dem Pfarrherrn überreichen konnte. Eiligst wollte man ärztliche Hilfe holen. Pater Arthur aber bat einzig um die hl. Wegzehrung.
Wie ein blutiges Sühnopfer vor dem Altare liegend, empfing er, der ehemalige protestantische Baron Arthur S., zum letztenmal die hochheilige Hostie, aus welcher ihn einst der gute Hirte liebevoll mahnend angeblickt, zum katholischen Glauben bekehrt und zum erhabenen Priesteramte berufen hatte. (Nach Millet, «Tresor d'histoire», Paris)
Dr. M. Haesele, "Santa Rita", 15. Jg., Nr. 1, September 1965
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