Zeugnisse ihrer großen Heiligkeit
Zu ihren Lebzeiten hat Gott vielen andern heiligen Seelen ihre erhabene Heiligkeit geoffenbart. Als einst die heilige Mechtildis für sie betete, hörte sie folgende Antwort: "Sie ist meine Taube ohne Galle; denn jede Süde wirft sie mit Abscheu wie Galle aus dem Herzen hinaus. Sie ist eine Lilie, die ich mich freue in den Händen zu tragen, weil es mir die höchste Wonne gewährt, mit einer keuschen, reinen Seele mich zu erfreuen. Sie ist meine lieblich duftende Rose, d. h. sie ist geduldig und dankt mir in Widerwärtigkeiten. Sie ist eine frühlingsfrische Blume, an der ich meine Augenweide habe; denn sie bewahrt in sich das Streben und Verlangen nach Tugenden und nach der gesamten Vollkommenheit. Sie ist ein klingender Ton in meinem Diademe, an welchem alle ihre Leiden für die Erlangung des Himmels wie goldene Glöcklein herabhängen."
Zu einer anderen Seele sagte der göttliche Heiland: "Von ihrer Kindheit an habe ich sie in meinen Armen getragen und gepflegt und unbefleckt bewahrt bis zu jener Stunde, da sie sich mit vollem und ganzem Willen mit mir vereinigt hat, und von da an habe ich mich wiederum mit der ganzen Kraft meiner Gottheit in ihre Arme gegeben. So groß ist meine Freude an dieser Seele, daß ich oftmals, wenn ich von andern Menschen beleidigt werde, ihr Herzensbedrängnis oder Kröperbeschwerden sende, die sie in Vereinigung mit meinem Leiden mit so großer Dankbarkeit und mit so vieler Geduld und Demut annimmt, daß ich sofort versöhnt, aus Liebe zu ihr Unzählige verschone."
Der göttliche Heiland zeigte einer andern Seele ein hellglänzendes, wunderbar geschmücktes Geschmeide, das er beständig zu Ehren seiner Braut auf dem Herzen trage und damit den ganzen himmlischen Hof erfreue; "denn es lebt heutzutage kein Mensch auf Erden, zu dem ich mich so hingeneigt habe wie zu ihr; es gibt heutzutage keine Seele, die alle erteilten göttlichen Gaben treuer und aufrichtiger auf meine Ehre und Verherrlichung bezieht als sie." Der Herr fügte noch hinzu: "Du findest mich an keinem Orte besser als im allerheiligsten Sakramente des Altares und im Herzen dieser meiner Braut."
Glorreicher Tod der heiligen Gertrud
Der göttliche Heiland sagte eines Tages zu ihr: "An einem Tage, an dem ich dich ganz an mich ziehe, werden die Berge, d. h. die Heiligen, von dieser Süßigkeit träufeln, weil dann zur Vermehrung deiner Seligkeit die Himmelsbewohner durch das ganze Weltall hin honigfließend werden und die Hügel, das sind die Erdenbewohner, werden von Milch und Honig strömen d. h. wegen deines Verdienstes mit dem Troste einer geistigen Gnade beschenkt werden." Sie hatte von der göttlichen Güte die Verheißung erhalten, daß in Wahrheit die göttliche Liebe alle ihre Kräfte verzehren werde, ferner, daß kein Tod über sie obsiegen solle, außer jene erhabene Macht der Liebe, welche auch im Sohne Gottes obsiegte und seine kostbare Seele von seinem zarten Leibe trennte. Viertens solle die Liebe ihr dienen, und alle jene, die ihr während ihrer Krankheit in Wort oder Werk einen Dienst in Leibe erweisen würden, sollten von der göttlichen Freigebigkeit dies zum Lohne empfangen, daß auch ihnen die Liebe Gottes in ihrer letzten Krankheit dienen müsse. Fünftens werde der Herr ihr eine so große Freude eingießen, wie sie nur irgend ein lebender Mensch empfangen könne. Sechstens werde in der Stunde ihre seligen Einschlafens eine große Menge von Sündern durch wahre Buße zu Gott bekehrt. Siebetens sollten zahllose Seelen in derselben Stunde von ihren Strafen befreit und deren Verdienst und Freude vermehrt werden, die zugleich mit ihr in das Reich der himmlischen Glorie eingehen würden. Ihr Tod wurde ihr im voraus gezeigt; sie sah, wie unzählige Scharen von Engeln und Heiligen mit Weihrauchfässern in den Händen sie abholten; es kamen die Patriarchen, Propheten, die Apostel, die Martyrer, die Jungfrauen und zuletzt selbst die unschuldigen Kindlein. Die bösen Geister wagten es nicht, ihr zu nahen; denn aus ihrem Munde stieg eine feurige Säule bis zum Glorienthron Gottes empor. Durch mannigfache Schmerzen und durch ein fast lebenlanges Siechtum ging sie der Vollendung entgegen. Es war am 14. November 1302, als die Heilige in Liebessehnsucht sich zum Ausgang aus diesem Leben anschickte. In trauer zerfließend umstanden die Schwestern ihr Sterbelager. Mehrere Umstehende sahen Jesus sichtbar bei ihr, begleitet von seiner heiligsten Mutter, dem Lieblingsjünger Johannes und einer Schar weißstrahlender Jungfrauen. Jesus nahm die gelöste Seele in sein geöffentes Herz auf und führte sie zum himmlischen Brautgemach empor, während Engelstimmen überaus lieblich sangen: "Komm, o Gebieterin, komm, dich erwarten die Wonnen des Paradieses." Wie im Leben, so wurde sie auch nach dem Tode durch Wunder verherrlicht.
(Fortsetzung folgt)
Dienstag, April 18, 2006
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