Abbildung: Das Innere der Heilig Kreuz-Kirche vor der Zerstörung
Der leidenschaftlichste Gegner des Wunderbarlichen Gutes, Stunz, der inzwischen neue Anhänger seiner Ansicht, anscheinend auch im Domkapitel, gefunden hatte, suchte jedoch auch weiterhin, besonders wieder in den Fronleichnamspredigten im Dom 1497, die Gläubigen von der Verehrung des Wunderbarlichen Gutes abzubringen. Daraufhin berief Bischof Friedrich zwei Doktoren der Theologie, Jodokus Gay von Memmingen und Wolfgang Eiselin von Landsberg, nach Augsburg, damit sie nach eingehendem Studium des Streitfalles ihre Meinung in mehreren Predigten äußern sollten. Beide traten denn auch für die Anbetung des Wunderbarlichen Gutes ein. Bernhard Stunz ließ sich aber auch von diesen beiden Gelehrten nicht von seiner irrigen Meinung abbringen, er mußte vielmehr 1498 wiederum Augsburg verlassen, durfte jedoch auf Ansuchen des Augsburger Bürgermeisters bald wieder in die Stadt zurückkehren. 1498 predigten die beiden Doktoren zum 2. Mal unter großem Andrang des Volkes in Hl. Kreuz und auf dem Fronhof, anscheinend ohne weiteren Widerstand von Seiten des Bernhard Stunz zu finden.
Der vorsichtige Propst von Hl. Kreuz, Vitus Fackler, sammelte nunmehr alle auf das Wunderbarliche Gut bezüglichen Urkunden, Gutachten und Aktenstücke und beantragte, damit zukünftig kein Zweifel über ihre Echtheit aufkommen könne, eine amtliche Prüfung und Bestätigung derselben. Diesem Antrag wurde auch unter dem Nachfolger Bischof Friedrichs, dem Bischof Heinrich IV. von Lichtenau stattgegeben. In einer öffentlichen Sitzung am 2. Dezember 1507 schritt man in Anwesenheit zweier Rechtsgelehrten als Zeugen, Johannes Bayr und Johannes Ott, zu einer genauen Prüfung der vorgelegten Akten. Dieselben wurden als echt befunden, eine genaue Abschrift davon genommen und über den ganzen Verlauf der Untersuchung eine notarielle Urkunde ausgefertigt. Gegner, die durch vorherigen Anschlag an den Domkirchentüren zum Erscheinen aufgefordert worden waren, hatten sich zum Termin keine eingefunden. So ward das Wunderbarliche Gut in Hl. Kreuz wieder zur Anbetung ausgesetzt und "umso mehr verehrt als vorher seine Echtheit angefochten wurde". Das Wunderbarliche Gut stand gar bald wieder so hoch in Ehren, daß allein im Jahre 1510 vier Erzbischöfe, nämlich die von Mainz, Trier, Köln und Magdeburg und der Bischof von Bamberg anscheinend persönlich nach Augsburg kamen und zum Zeichen ihrer persönlichen Verehrung und Anerkennung des Wunderbarlichen Gutes die Verehrer desselben mit Ablässen bereicherten.
Aber der Frieden und die Ruhe dauerten nicht lange. Im Jahre 1537 mußte das Wunderbarliche Gut infolge des "Neuerungs- und Empörergeistes der Reformatoren" aus Augsburg geflüchtet werden. Der Augsburger Bischof Christoph von Stadion, wanderte mit seinem Klerus im Januar 1537 nach Dillingen aus, der damalige Propst von Hl. Kreuz, Christphorus Gail, aber begab sich mit seinem Konvent zuerst in die katholisch gebliebene Stadt Landsberg a/Lech, in deren Umgebung das Kloster von Hl. Kreuz einigen Besitz hatte. Der Propst nahm auf seiner Flucht den kostbaren Schatz seiner Kirche, das Wunderbarliche Gut, mit, begab sich aber mit seinen Chorherrn und dem Wunderbarlichen Gut 1538 auch nach Dillingen, wo die hl. Hostie in der Stadtpfarrkriche St. Peter aufbewahrt und des öfteren zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt wurde. Nachdem der Augsburger Bischof 1543 plötzlich gestorben war, folgte ihm im Mai desselben Jahres der päpstliche Kämmerer und Nuntius auf dem Nürnberger Reichstag, Otto Truchseß von Waldburg, auf dem Augsburger Bischofsstuhl nach. Auch er gestattete wie sein Vorgänger, obwohl "beide geschworene Feinde aller Irrlehren, Mißbräuche und jeglichen Aberglaubens waren", die Anbetung des Wunderbarlichen Gutes in Dillingen. Die Verbannung des Augsburger Klerus und damit auch des Wunderbarlichen Gutes dauerte mehr als 11 Jahre. Erst im August 1548 mußte auf Befehl Kaiser Karls V. der vertriebene Klerus in Augsburg wieder aufgenommen und sein Eigentum zurückerstattet werden. Auch der neue Propst Bernhard Werlin nahm wieder Besitz von Kirche und Kloster Hl. Kreuz und ließ das Wunderbarliche Gut unter dem Jubel der katholisch gebliebenen Bevölkerung wie vordem öffentlich zur Anbetung aussetzen. Bis zum Jahre 1632 blieb es so an seiner alten Gnadenstätte aufbewahrt. Am 20. April dieses Jahres fiel jedoch Ausburg in die Hände der Schweden. Am 7. April war der Propst von Hl. Kreuz, Johannes Schall, mit dem Wunderbarlichen Gut schon geflüchtet, diesmal nach dem Augustiner-Chroherrenkloster Herrenchiemsee, wo die wunderbarliche Hostie überaus feierlich empfangen ward. Während der drei Jahre des dortigen Aufenthaltes wurde sie mit Gutheißung des Erzbischofs von Salzburg und des Bischofs von Chiemsee durch öffentliche Anbetung, Gottesdienste und zu ihrer Ehre veranstaltete Prozessionen gefeiert. Nachdem Augsburg durch die kaiserlichen Truppen aus den Händen der Schweden befreit war, kam auch das Wunderbarliche Gut wieder in seine Stadt zurück. Es muß ein unerhörter Triuphzug gewesen sein, in dem es 1635 über Wasserburg, Rosenheim, München und von dort aus unter dem Ehrengeleit der Münchener Bürger nach Augsburg zurückkehrte. Die Augsburger waren ihm, an der Spitze Weihbischof Sebastian Müller und eine Abteilung kaiserlicher Reiter mit dem von 6 Pferden gezogenen Galawagen des kaiserlichen Stadtkommandaten, Grafen Otto Heinrich von Fugger, auf der Friedberger Straße bis an den Lech entgegengezogen. Der Weihbischof nahm das Wunderbarliche Gut aus den Händen des Propstes in Empfang und trug es in feierlicher Prozession nach St. Ulrich, vor das Rathaus, in den Dom, wo überall der sakramentale Segen gegeben wurde, und schließlich nach Hl. Kreuz zurück und beendete mit einem feierlichen "Te Deum" und dem Schlußsegen die Rückkehr des Wunderbarlichen Gutes nach Hl. Kreuz am 10. Mai 1635.
1699 wurde unter dem Propst Felix Bröll das 5. Jubiläum des Wunderbarlichen Gutes mit "besonderer, nie gesehener Festlichkeit" und einer "prächtigen und glorreichen Generalprozession" gefeiert. Bischof Alexander Sigismund, Pfalzgraf von Neuburg, hatte für das Jubiläum von Papst Innozenz XII. einen vollkommenen Ablaß erwirkt. Durch diese anscheinend großartige Jubelfeier wurde die Verehrung des Wunderbarlichen Gutes für die Folgezeit sehr gefördert. Ein vollkommener Ablaß auf den 11. Mai war schon 1611 von Paul V. bewilligt und von Innozenz XI. auch für die zwei folgenden Tage bestätigt worden.
Im Jahre 1747 fand in Hl. Kreuz die in allen Kirchen gebräuchliche beischöfliche Visitation statt. Die beiden Visitatoren, Generalvikar Dr. Nikolaus Seitz und der Augustiner-Chorherr aus Polling und bischöfliche Hoftheologe Eusebius Amort, fanden bei der Besichtigung des Wunderbarlichen Gutes die hl. Hostie selbst zwar unverletzt und unverwesen vor, aber an der Kristallkapsel fehlte das bischöfliche Siegel, das wahrscheinlich bei der zweimaligen Flüchtung Schaden gelitten hatte und dann abgefallen war. Daß es nicht erneuert wurde, solange noch Zeugen des Verlustes vorhanden waren, war eine unverantwortliche Nachlässigkeit der zuständigen Stellen und rächte sich jetzt auch durch den Argwohn eines vorgefallenen Betruges, der jedoch, falls ein solcher Betrug tatsächlich stattgefunden hätte, wohl durch ein nachgemachtes Siegel an der Kapsel verdeckt worden wäre. So aber wurde der Befund von den Visitatoren dem Bischof gemeldet, und das Wunderbarliche Gut noch vor dem 11. Mai in aller Stille zur bischöflichen Residenz gebracht. Bischof Joseph, Landgraf von Hessen-Darmstadt, der Generalvikar Seitz, der Kanonikus bei St. Moritz von Bassi und Propst Joh. Bapt. Danzer von Hl. Kreuz besahen sich die hl. Hostie, und sie "erschien" allen "wie Wachs", heißt es in einem Brief von Bassi's an den Chorherrn Armort vom 12. Mai 1747, und Bischof Joseph habe ausgerufen: "Wir sind verwirrt!" Die Folge dieser Verwirrung war, daß dem Wunderbarlichen Gut eine neukonsekrierte Hostie beigelegt und so die Prozession am 11. Mai abgehalten wurde. Am 3. Juli desselben Jahres fand jedoch eine genaue Untersuchung des Wunderbarlichen Gutes, die sich auf "die Natur der Hostie" bezog, durch Bischof Joseph, Generalvikar Seitz, Kanonikus von Bassi, den Professor der Theologie und Sonntagsprediger bei Hl. Kreuz Joh. Ev. Falk und den Chorherrn Amort von Polling, seines Faches Naturwissenschaftler, statt. In einer eigenen Abhandlung mit dem Titel: "Jesus zum zweiten Male verwandelt, d.i. die wirkliche Gegenwart unseres Herrn Jesu Christi in dem allerheiligsten wunderbaren Sakament zu Augsburg bei dem heiligen Kreuz durch die letzte am 3. Juli 1747 stattgefundene Untersuchung ganz klar endeckt und offen erwiesen..." berichtet der Augenzeuge J. E. Falk, die Untersuchung habe einwandfrei erwiesen, daß an dieser hl. Hostie alle für die wirkliche Gegenwart des Herrenleibes notwendig vorauszusetzenden Besandteile einer wahren Brotsgstalt vorhanden seien, und daß sie deshalb ein wahres Sakrament und der göttlichen Anbetung würdig ist. P. Jgnatius Kistler, der damalige Klosterchronist von Heilig Kreuz, aber schließt seinen Bericht über diese Untersuchung mit den Worten: "Es blieb das Wunderbarliche Gut in seinem Besitzstande, und die Verehrung der Anbetung ist dadurch mehr gehoben als vermindert worden." Zwei Jahre später - 1749 - ließ Bischof Joseph das 550. Jubiläum des Wunderbarlichen Gutes sehr feierlich begehen und erwirkte für die Jubiläumsoktav von Papst Benedikt XIV. die Verleihung eines vollkommenen Ablasses. Die sechste Jahrhundertfeier, die auf das Jahr 1799 traf und zu der Welzhofer sein oben erwähntes Buch schrieb, mußte wegen der herrschenden Kriegsunruhen auf das Jahr 1800 verlegt werden und wurde "in einer betrübten Zeit als Ermunterung des Volkes zur Buße, zur Andacht und zum Gebet" begangen. Tatsächlich rückten schon am 28. Mai 1800 die Franzosen in Augsburg ein, räumten aber die Stadt wieder, nachdem die auferlegten Kriegskontributionen, zu denen auch das Hl. Kreuzkloster 15'000 Gulden beisteuern mußte, bezahlt waren, um jedoch am 12. Juni, dem Fronleichnamsfest des Jahres 1800, von neuem die Stadt zu besetzen. Tags zuvor flüchtete man das Wunderbarliche Gut zuerst zum Klostergut nach Bachern, dann in das Karmeliterkloster nach München, und als die Franzosen am 28. Juni auch dort einzogen, nach St. Zeno bei Reichenhall und schließlich bis nach Saalfelden im Pinzgau. Nach drei Wochen brachte man es wieder nach Reichenhall zurück. Erst am 3. März 1801 früh 6 Uhr fand sich das Wunderbarliche Gut wieder in Augsburg Hl. Kreuz und wurde am 29. März nachts 12 Uhr öffentlich zum vierzigstündigen Gebet ausgesetzt. Kaum 2 Jahre später, am 25. Februar 1803, mußten die durch sechs Jahrhunderte getreuen Wächter des Wunderbarlichen Gutes, die Augustiner-Chorherren von Hl. Kreuz, laut Reichsdeputationshauptschluß Kirche und Kloster und auch ihren kostbarsten Schatz, das Wunderbarliche Gut, für immer verlassen. Der letzte Propst von Hl. Kreuz war Ludwig Zoeschinger von Burtenbach. Die Pfarrei Hl. Kreuz wurde 1810 eingezogen.
In sehr eindrucksvoller Weise wurde 1899 die siebte Jubelfeier des Wunderbarlichen Gutes in einer Art Volksmission begangen. Den Vormittags- und Abendpredigten war als Hauptthema zugrundegelegt: "Zurück zu Christus im hochwürdigsten Sakrament in festem Glauben und wahrer Bußgesinnung!" Sonderzüge brachten "riesige Volksmengen" aus Schwaben, Altbayern und Franken, aus Württemburg und Österreich zur altehrwürdigen Gnadensttätte bei Hl. Kreuz nach Augsburg. Eine 98jährige Greisin kam aus St. Gallen in der Schweiz nach 74 Jahren wieder nach Augsburg, um das Wunderbarliche Gut noch einmal zu sehen und zu verehren. Der "11. Tag Mai", der Christi Himmelsfahrtstag 1899, wurde mit Pontifikalamt und Jubiläumsprozession bei herrlichster Witterung und außerordentlicher Beteiligung der Gläubigen aus Stadt und Land gefeiert als ein Höhepunkt in der Geschichte der Verehrung des Wunderbarlichen Gutes.
Im Jahre 1932 wurde die Kustodie von Hl. Kreuz vom damaligen Hochwürdigsten Bischof von Augsburg, Exzellenz Dr. Josef Kumpfmüller, dem Dominkanerorden anvertraut, der schon von 1225 bis 1808 Kirche und Kloster am Predigerberg in Augsburg besessen hatte. Seitdem bemühten sich die Dominikanerpatres und Brüder um die Erhaltung und Förderung der Verehrung des Wunderbarlichen Gutes, und Hl. Kreuz erfreute sich eines stets anwachsenden Kirchenbesuchs, bis in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 auch unsere herrliche Kirche Hl. Kreuz dem furchtbaren Bombenangriff auf Augsburg zum Opfer fiel. Der Provinzial der süddeutschen Dominikaner, Dr. P. Marianus Vetter, der gerade in Augsburg weilte, brachte in dieser Nacht zwischen dem 1. und 2. Angriff das Wunderbarliche Gut in den Turm und nach dem 2. Angriff in die Kapelle des erhalten gebliebenen Klosters Hl. Kreuz. Um es jedoch vor weiteren Angriffen sicherzustellen, wurde das Wunderbarliche Gut nach Stotzard bei Affing verbracht, von wo es nur zur Wunderbarlich Gut-Oktav vom 10. bis 20. Mai und zum Liebesbundfest am 24. Juni 1944, die beide in der Hauskapelle des Klosters gefeiert werden mußten, nach Hl. Kreuz zurückgebracht wurde. Nach dem Liebesbundfest vertraute man die wunderbare Hostie jedoch - wegen der besseren Zugverbindung - den ehrw. Ursberger Schwestern in Kloster Holzen an, die das Wunderbarliche Gut während seines dortigen Aufenthaltes in zahlreichen Anbetungsstunden hochverehrten und sich auch heute noch mit dankbarer Freude dieses gnadenvollen Trostes in schwerster Zeit erinnern. Am 8. Mai 1945 wurde das kostbare Kleinod wieder nach Hl. Kreuz zurückgeholt. Hier wurde der öffentliche Gottesdienst auch weiterhin in der Hauskapelle des Klosters Ottmarsgäßchen 8 abgehalten. Erst im Advent 1945 war die frühere große Beichtsakristei der Hl. Kreuzkirche soweit hergestellt, daß das Wunderbarliche Gut dort einziehen konnte, wo es bis zur Fertigstellung des Kirchenbaues verehrt und angebetet werden soll. Auf besondere Anordnung S. Exz. des H. H. Bischofs von Augsburg muß auch jetzt bei der Aussetzung des Wunderbarlichen Gutes und beim sakramentalen Segen mit demselben der Hymnus "Pange lingua" mit folgender Sakraments-Oration gesungen werden.
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